"Knochen im Aushub - das komme schon mal vor", sagt Baggerführer Klaus-Dieter Schwedt. "Aber da denkt man nicht gleich an Menschen." So war das auch am Mittwoch - bis auf dem Lkw von Walter Käster ein Knochen landete, der nach menschlichem Oberschenkel aussah. Die Männer stellten ihre Arbeit ein und informierten die Polizei.
Behutsam legt Dr. Michale Braune den Totenschädel frei. Foto: tis
Die wiederum zog den Spezialisten für Knochenfunde, Joachim Eidam, vom Institut für Rechtsmedizin der Uni Hannover zu Rate - und der gab Entwarnung: Kein Fall für die Kripo, sondern einer für die Archäologie. Die Skelette, stellt der Experte fest, ruhen mit Sicherheit schon einige Jahrhunderte in der Erde.
Noch am Mittwoch bemühte sich die Leiterin des Museums, Dr. Gesa Snell, um Unterstützung beim Landesamt für Denkmalpflege. Vorgestern reiste Michael Braune an und nahm die Fundstelle unter die Lupe. "Auffallend", so der Archäologe, seien die "kräftigen Schädelknochen und die vergleichsweise kleinen Wirbel". Haarreste entdecke Braune ebenfalls, "vermutlich blond". Ein Indiz für das hohe Alter der Knochen: "Sie sind stark demineralisiert, obwohl sie in festem Lehmboden gelegen haben", erklärt Snell. Doch wie alt die Gebeine tatsächlich sind, lasse sich nur mit Hilfe der so genannten C14- oder Radiokarbonmethode bestimmen. Diese Methode zur Datierung organischer Stoffe basiert auf dem radioaktiven Zerfall des Kohlenstoff-Isotops 14C und wird auch in der Archäologie angewandt.
Rund 400 Euro kostet eine solche Untersuchung laut Snell. Und weil das für das Museum eine Menge Geld wäre, "das wir nicht haben", sagte Stadtwerke-Geschäftsführerin Susanne Treptow Hilfe zu: "Das bezahlen wir." Schließlich sei es von historischem Interesse, mehr über die Toten auf dem Gelände der GWS zu erfahren. Ein Hufnagel, der bei "Notgrabung" auch zutage gefördert wird, könnte einen Hinweis auf das Alter der Skelette geben. Mehr als eine vorsichtige Deutung wagt Snell jedoch nicht: "Die Toten sind möglicherweise der Garnison und dem 17. oder 18. Jahrhundert zuzuordnen", zumal die Fundstelle nahe der einstigen Festungsanlage liege. Der Hamelner Archäologe Joachim Schween tippt eher auf den ehemaligen Hugenottenfriedhof, dessen Einrichtung die Stadt 1708 gestattete.
Bis zur "Nachbestattung" finden die Gebeine einen Platz im Hamelner Museum. Archäologen sind bei aller Neugier auch pietätvoll. Sie geben den Toten die ewige Ruhe zurück, die sie aus wissenschaftlichem Interesse gestört haben.