Einsatzort: Gesamtes Stadtgebiet Hameln
Einsatzart: Sturmschadenbeseitigung
Bericht: Nachdem die Unwettermeldung zum Orkantief "Kyrill" bereits am Morgen konkretisiert werden konnte, trat dieses Schadenereignis gegen 15 Uhr im Stadtgebiet Hameln ein.
Nach ersten Ausläufern mit heftigen Regenfällen und bereits nicht unerheblichen Windböen in den Vormittagsstunden, überschlugen sich im Landkreis Hameln-Pyrmont in den kommenden Stunden die Ereignisse.
Neben der landkreiseigenen Leitstelle (FEL) verstärkte auch die Nachrichtenzentrale (NZ/RLS) der Feuerwehr Hameln rechtzeitig ihr Leitstellenpersonal durch dienstfreie Mitarbeiter der Hauptberuflichen Wachbereitschaft (HWB).
Teilweise taten bis zu fünf Disponenten in der NZ/RLS Dienst.
Rasch wurde klar, daß man allein mit der diensthabenden Schicht der HWB dem Einsatzaufkommen nicht Herr werden konnte.
So wurden im Verlauf des Einsatzes zunächst die Tagesschleife, danach beide Alarmschleifen der FF Hameln (Züge 1 - 4), das Team AB-Einsatzleitung, das Team "Verpflegung" sowie hauptberufliches Personal nachalarmiert.
Zum Einsatz kamen auch die zur Stadt Hameln gehörenden freiwilligen Ortsfeuerwehren Afferde, Haverbeck, Hastenbeck, Hilligsfeld, Klein Berkel, Tündern und Welliehausen in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich.
Insgesamt wurden bis in die tiefen Nachtstunden 160 Feuerwehrleute (SB) bei insgesamt 64 registrierten Einsätzen eingesetzt.
Diese gliedern sich wie folgt auf:
- 9 Einsätze bei Gefährdungen durch umherfliegende, teilabgerissene oder abgerissene Gegenstände von Gebäudeteilen oder Gebäudeteile selbst (Dachteile, Gerüste, Leuchtreklamen, Markisen, Lichtkuppeln) sowie einen auf die Strasse gerollten LKW-Anhänger.
- 45 Einsätze wegen umgestürzter Bäume auf Autos, Häusern, Garagen, Wohnwagen, Gehwegen oder auf öffentlichen Strassen.
- 10 Einsätze wegen Wassereinbruch in Kellern, Sporthallen, Häusern sowie bei einem verstopften Wehr und einem verstopften Kanaleinlauf.
Hinzu kommen noch eine Vielzahl von Hilfeersuchen aus dem gesamten Landkreis Hameln-Pyrmont, die aufgenommen und an die zuständigen Leitstellen weitergegeben werden mussten.
Allein sechszehnmal wurden andere Dienststellen (Notdienst, Polizei, Forst, Strassenmeisterei, Bauhof) mit Arbeiten beauftragt werden, so z.B. bei Kanalverstopfungen, übergetretenen Bächen und Rückhaltebecken, Strassensperrungen, überfluteten Strassen und umgestürzten Bäumen im Bereich der Forst sowie bei Stromausfällen durch Blitzeinschlag in einigen Ortschaften.
Neben den gefährlichen Sturmeinsätzen wurden in Hameln noch zwei Brandeinsätze durch die HWB sowie eine ganze Reihe von Rettungsdiensteinsätzen mit den beiden RTW durchgeführt.
Nach einem Blitzeinschlag in einem Wohnhaus in Hameln-Wehrbergen brach jedoch gottlob kein Schadenfeuer aus, so daß die Feuerwehr hier nicht tätig werden mußte.
Auf dem Aubuschweg kam es in der Nacht zu einem Brand von Kunststoffabfällen in einer Grillmulde des dortigen Freizeitplatzes.
Die Feuerwehr konnte den Brand mit Kleinlöschgerät rasch bekämpfen.
Personenschäden wurden in der Stadt Hameln bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht gemeldet.
Gleichwohl ist ein erheblicher Sachschaden im gesamten Stadtgebiet entstanden. Die Feststellung und Auswertung der genauen Schadenhöhe dürfte jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Die Aufräumungsarbeiten dauerten noch bis in den späten Freitag an.
Pressebericht der "Deister- und Weserzeitung" vom 20.01.2007 zum Orkantief:
W e s e r b e r g l a n d
Großalarm: 1000 Nothelfer trotzen dem Orkan
Schwere Schäden: 82 Feuerwehren rücken aus / 32 Straßen gesperrt / Züge und Busse fahren wieder
Von Ulrich Behmann
Hameln. Es war der größte Unwetter-Einsatz in der Geschichte des Landkreises Hameln-Pyrmont: Weit mehr als 1000 Nothelfer waren in der Nacht zu gestern unterwegs, um die Schäden zu beseitigen, die Killer-Orkan "Kyrill" angerichtet hatte. Das Ausmaß der Zerstörung ist noch unklar. Häuser, Scheunen, Autos, Züge und ein Klinik-Dach wurden demoliert. Niemand weiß, wie es in den Wäldern aussieht - sie können noch nicht betreten werden: Astbruchgefahr! Der Gesamtschaden könnte 500 000 Euro betragen.
Die Feuerwehren in Stadt und Land waren pausenlos unterwegs - 82 Ortswehren wurden alarmiert: 860 Freiwillige rückten aus. 425 Einsätze mussten "abgearbeitet" werden. Auch das THW Hameln war im Großeinsatz - vor allem gestern: "Wir haben 26 Bäume von Straßen, Schienen und Häusern entfernt", sagte Zugführer Andreas Weiher. Am Abend zuvor hatten die Männer einer geschockten Autofahrerin (48) aus Bodenwerder, der ein Kirschbaum auf ihr Fahrzeug gestürzt war, geholfen. Das THW brachte Polizei und Feuerwehr 1000 Sandsäcke, machte den Finkenborner Weg wieder passierbar.
Die Freiwillige Feuerwehr Hameln löste Donnerstag die höchste Alarmstufe aus: Alle vier Züge unterstützten die Wachbereitschaft. "Wir hatten zudem sechs Ortsfeuerwehren im Einsatz", sagte Feuerwehr-Sprecher Norbert Tegtmeyer. Der DRK-Landesverband versetzte die Marienauer Katastrophenschutz-Einheit in Alarmbereitschaft.
Ungezählt sind die Sturm- und Hochwasser-Einsätze, die von den Bau- und Betriebshöfen, der Forstverwaltung, der Bahn, vom E.ON-Notdienst sowie von der Straßenmeisterei abgewickelt wurden.
Die Leitstelle der Inspektion Hameln-Pyrmont / Holzminden registrierte 170 Einsätze. "Es wurden 32 Straßen gesperrt und 14 Verkehrsunfälle bekannt", meldete Oberkommissar Jörn Schedlitzki. Viermal prallten Autos gegen umgestürzte Bäume - vier Fahrer erlitten Verletzungen. Aber auch geparkte Wagen wurden teils schwer beschädigt.
Ein Mann aus Bad Münder musste gestern Vormittag mit einem Notarztwagen des Roten Kreuzes ins Krankenhaus eingeliefert werden. Er hatte Dachziegel befestigen wollen, war dabei gestürzt.
In Fuhlen brachte der Orkan eine Backstein-Scheune zum Einsturz (wir berichteten). In Lauenstein und in Ockensen deckte der Sturm die Spitzdächer von Scheunen ab. Das Flachdach der Neurologischen Klinik wurde weggeweht. In Wehrbergen schlug ein Blitz in ein Wohnhaus ein - Feuer brach nicht aus.
Die Hamel und die Emmer sowie zahlreiche kleinere Bäche traten über die Ufer. Ein Autofahrer blieb mit seinem Wagen zwischen Groß und Klein Hilligsfeld auf der überfluteten Kreisstraße 3 in den Wasser- und Schlamm-Massen stecken. So erging es gestern um 5.25 Uhr auch einem Mann in Löwensen, der versucht hatte, mit seinem Lastwagen eine für den Verkehr gesperrte Straße zu befahren.
In Klein und Groß Hilligsfeld und in Herkensen fiel Donnerstag zwischen 17.20 und 21.30 Uhr der Strom aus, nachdem mehrfach Bäume in eine Freileitung gefallen waren. In Alverdissen und Sonneborn hatten die Bewohner zwischen 16.50 und 23.30 Uhr keinen Strom. Auch hier waren entwurzelte Bäume der Grund für die Unterbrechnung. Der Störungsdienst war stundenlang im Einsatz. Mancherorts wurden Notstromaggregate eingesetzt.
Nachdem Hamelner Helfer des Technischen Hilfswerkes die Bahnstrecke zwischen Steinheim und Hannover freigesägt hatten, konnte der S-Bahn-Verkehr um 10 Uhr wieder aufgenommen werden. Nur die Strecke Hameln-Löhne blieb bis 16.30 Uhr gesperrt. Nach Angaben von Notfall-Manager Peter Jahn fielen 70 Züge wegen des Ausnahme-Unwetters aus.
© Dewezet, 20.01.2007